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Subventionsbetrug durch Kurzarbeit

3. April 2020 Franz Heinz

Aufgrund des staatlichen verordneten Lockdowns befinden wir uns in einer Krise. Immer mehr Unternehmen sind von dieser Krise betroffen und suchen Wege, sich durch Zugriff auf fremde finanzielle Töpfe wirtschaftliche Erleichterung zu verschaffen.

So nachvollziehbar das einerseits ist, so gefährlich sind vorschnelle und nicht sauber geprüfte Anträge andererseits.

Denn – und dies muss leider festgestellt werden – wir befinden uns nicht das erste Mal in einer Krise und die Erfahrungen der (auch strafrechtlichen) Aufarbeitung der Hochwasserkrisen von 2002, 2013 und 2016 oder der Finanzkrise von 2008 / 2009 zeigen, dass die Mühlen der Justiz zwar langsamer aber durchaus gnadenlos mahlen.

Können die gestellten Anträge allein aufgrund der schieren Anzahl aktuell nicht bis ins letzte Detail geprüft werden ist bereits jetzt abzusehen, dass diese in den Folgejahren nachträglich noch geprüft werden.

Berücksichtigt man, dass es sich bei der Übernahme von Lohnkosten durch den Staat nicht um eine rein freundschaftliche Geste, sondern dies rechtlich eine Subvention darstellt, erkennt man auf der Kehrseite den in § 264 StGB normierten Subventionsbetrug.

Glaubt man den Schätzungen der Bundesregierung, dann werden von Kurzarbeit voraussichtlich mehr als 2 Millionen Menschen in Deutschland betroffen sein. Für diese werden staatliche Subventionen bezahlt, die auf einer entsprechenden Anzeige durch den Arbeitgeber beruhen.

Tatsächlich wurden durch die jüngsten Reformen die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld maßgeblich verändert / erleichtert und es dürften in der Tat deutlich mehr Betriebe antragsberechtigt sein, als dies noch Anfang 2020 der Fall war.

Dies entbindet den Unternehmer jedoch nicht von der Pflicht, sorgfältig zu prüfen, ob diese (nun nur noch reduzierten) Voraussetzungen in seinem Betrieb auch tatsächlich vorliegen.

Die Prüfungspflicht wird nicht suspendiert und werden im Rahmen der Antragstellung (möglicherweise auch unwissend) falsche Tatsachen behauptet, hat dies möglicherweise weitreichende Konsequenzen.

Wie in der Regel immer bei Beantragung staatlicher Hilfen wird auch von den zuständigen Ämtern im Anzeigeformular Arbeitsausfall Kurzarbeitergeld ausdrücklich darauf hingewiesen: 

Nun setzt weder der Betrug noch der Subventionsbetrug voraus, dass allein dem Täuschenden der Vermögenszufluss zu Gute kommt. Ist der Arbeitnehmer antragsberechtigt und enthält auch allein dieser das Kurzarbeitergeld bleibt es doch bei der Anzeige über den Arbeitsausfall bei einer für die Entscheidung maßgebliche Information des Arbeitgebers. Für diese ist allein er verantwortlich. Beantragt der Unternehmer selbst die Erstattung bereits zuvor verauslagter Beträge, profitiert er letztlich direkt.

Und auch inhaltlich wird am Schluss dem Arbeitgeber durch die staatliche Übernahme eines Teils der Lohnkosten sein eigenes wirtschaftliches Risiko abgenommen. Denn er müsste – bis zur Kündigung – den Lohn in vollem Umgang weiter zahlen. Ob er die Möglichkeit hat, seine Arbeitnehmer zu beschäftigen oder eben nicht ist und bleibt grundsätzlich sein originäres Unternehmerrisiko.

Wer also grob fahrlässig oder leichtfertig einen Arbeitsausfall anzeigt und dabei unwahre Tatsachen vorträgt läuft Gefahr, sich strafbar zu machen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitgeber wider besseren Wissens eine solche Anzeige abgibt (diese Konstellationen sind selbstredend ebenfalls strafbar), sondern es reicht dass er quasi aus Versehen seine Prüfungspflichten grob verletzt hat.

Dazu gehört dann insbesondere die bisherige tatsächliche Arbeitszeit korrekt zu ermitteln und zu prüfen, ob denn auch tatsächlich ein berechtigender Arbeitsausfall vorliegt. Kurzarbeit ist insbesondere kein Instrumentarium um eine fehlerhafte Personalpolitik mit staatlichen Mitteln zu korrigieren. Gegebenenfalls müssen den Arbeitnehmern vor der Beantragung von Kurzarbeit andere noch mögliche Tätigkeiten zugewiesen werden. Auch hier ist bei der erforderlichen Prüfung Sorgfalt anzuwenden und sowohl die Prüfung selbst und auch deren Ergebnis vor Antragstellung entsprechend zu dokumentieren.

Und im Zusammenhang mit der Beantragung von Kurzarbeitergeld aufgrund der Corona-Pandemie ist weiter zu beachten, dass der Arbeitsausfall gerade wegen der Folgen der Pandemie entstehen muss.

Ist eine Reduzierung der Belegschaft, die Schließung von Standorten oder die Entlassung einzelner Mitarbeiter aus anderen unternehmerischen Gesichtspunkten bereits geplant oder angedacht gewesen, dann ist in besonderem Maße zu dokumentieren, dass dieser nun entstandene Arbeitsausfall gerade auf die Krise zurückzuführen ist. Anderenfalls fehlen schlicht die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergeld.

Es kann angesichts der Erfahrung mit dem Umgang der vergangenen Krisen jedem Unternehmer nur angeraten werden, diese Prüfungen sorgfältig vorzunehmen und insbesondere die Dokumentation auch für ein mögliches Nachprüfungsverfahren aufzubewahren.

Das Risiko betrifft dabei nicht nur den Unternehmer persönlich, vielmehr können auch gegen das Unternehmen Geldbußen nach § 30 OWiG verhängt und bereits ausgezahlte Beträge nach den Einziehungsvorschriften der §§ 73 ff StGB eingezogen werden.

Nachdem die Justiz nach der Krise in der Regel schlauer ist als der Antragsteller in der Krise und damit auch eine unterschiedliche Bewertung derselben Tatsachen droht lohnt es sich – um wichtige Verteidigungsmöglichkeiten nicht zu verschenken –, möglichst frühzeitig anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen und möglichst keine (weiteren) Angaben oder Einlassungen ohne einen erfahren Strafverteidiger zu tätigen.

Nur nebenbei angemerkt: es sollte freilich immer beachtet werden, dass es sich bei der Aufstockung des Differenzbetrags zum Kurzarbeitergeld um Lohn handelt, der einschließlich der daraus resultierenden Sozialleistungsabgaben ordentlich erklärt und abgeführt werden muss.

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